Im Schwabenland sind sie das Nationalgericht, und auch im Rest der Republik werden Maultaschen immer beliebter. Aber warum nur werden sie in Südwesten auch Herrgottsbescheißerle genannt?
Not macht erfinderisch. Was sollten die Mönche auch tun? Da lag es nun vor ihnen, das edle Stück Fleisch, das sie in diesen hungerleidenden Tagen des Dreißigjährigen Krieges geschenkt bekommen hatten. Nur blöd, dass dies gerade zur Fastenzeit geschah, in der den Geistlichen der Fleischgenuss streng untersagt war. Doch die Mönche aus dem schwäbischen Kloster Maulbronn hatten eine Idee: Man könnte es ja einfach vorm Antlitz des Herrn verhüllen.
Gesagt, getan. Die Zisterzienser hackten das wertvolle Gut klein, mischten Spinat und Kräuter darunter und versteckten das Gemisch in kleinen Teigmäntelchen – die Maultasche war geboren. Ob die Maulbronner Mönche vor lauter Appetit vergessen hatten, dass der Herrgott ohnehin alles sieht? Jener soll es der Legende nach gelassen genommen und beim Anblick lediglich mit den Augen gezwinkert haben. Der Volksmund hat die Geschichte der Mönchslist längst aufgegriffen. Im Ländle werden die Teigtaschen deshalb weitverbreitet auch „Herrgottsbescheißerle“ genannt.
Teigtaschen sind international
Tatsächlich ist unbekannt, woher die Maultaschen kommen. Das traditionelle Rezept gibt es schließlich auch in den benachbarten Regionen in Baden und Bayern. Ähnliche Gerichte wie die italienischen Raviolis oder die Tiroler Schlutzkrapfen finden sich südlich von Württemberg. In Russland kommen Wareniki auf den Teller, in Polen Piroggen und in China Wan Tan. Dennoch ist gerade die Identifikation der Schwaben mit ihren Teigtaschen besonders hoch. Nahezu jede Familie hütet ihr eigenes Rezept, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Seit 2009 stehen die Schwäbischen Maultaschen als Herkunftsbezeichnung sogar unter EU-Schutz.
Klassisch gegessen werden sie als Suppeneinlage, mit brauner Butter und Röstzwiebeln übergossen zu Kartoffelsalat oder aufgeschnitten und in der Pfanne geröstet. Der Vielfalt sind kaum Grenzen gesetzt. Gefüllt wird etwa auch mit Wild- oder Lammhack. Kein Wunder, dass auch Köche jenseits des Ländles die Maultasche längst für sich entdeckt haben. Immer beliebter werden vegetarische Varianten, beispielsweise mit Käse, Kürbis oder Zucchini. Diese hätten den fleischliebenden Maulbronner Mönchen sicher auch gemundet – und wohl so manchen Gewissenskonflikt erspart.
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Schwäbische Maultaschen
Rezept für 4 Personen
Zutaten:
300g Mehl
5 Eier
2 El Öl
3 El Butter
1 altes Brötchen
50g durchwachsener Speck
2 Zwiebeln
1 Bund Petersilie
1 Bund Schnittlauch
100g gemischtes Hackfleisch
100g Kalbsbrät (ersatzweise mehr Hackfleisch)
150g gehackter Spinat
Salz, Pfeffer
Für den Nudelteig Mehl, drei Eier und Öl mit drei bis vier Esslöffeln lauwarmem Wasser und einer Prise Salz mit dem Knethaken des Handrührgeräts vermengen und anschließend von Hand zu einem glatten Teig verkneten. In Frischhaltefolie 45 Minuten ruhen lassen. Für die Füllung zunächst das Brötchen in lauwarmem Wasser einweichen, Petersilie hacken und eine Zwiebel sowie den Speck fein würfeln. Ein Esslöffel Butter in eine heiße Pfanne geben und Speck und Zwiebel anschwitzen. Petersilie untermengen und Pfanne erkalten lassen. Den Inhalt zusammen mit dem ausgedrückten Brötchen, Hackfleisch, Brät, Spinat und zwei Eiern vermengen. Mit Salz und Pfeffer würzen. Den Teig halbieren und jeweils auf einer bemehlten Arbeitsfläche rund und möglichst dünn ausrollen. Noch mal halbieren. Mit Wasser einpinseln und jeweils mit einem Viertel der Füllung bestreichen, dabei an den Rändern zwei Zentimeter frei lassen. Von der runden Seite her locker einrollen, vorsichtig flach drücken und portionieren. Mit dem restlichen Teig auf die gleiche Weise verfahren. In einem großen Topf Salzwasser oder Brühe aufkochen lassen und Maultaschen anschließend circa zehn bis 15 Minuten lang bei geringer Hitze ziehen lassen. Kleingeschnittene Zwiebel in Butter anrösten, Maultaschen herausnehmen und auf dem Teller anrichten. Zwiebel und Butter darüber gießen und mit Schnittlauch bestreuen.