Erdbeeren: Beerenstark!

Knusprig-süß oder üppig-cremig – wie muss der perfekte Erdbeerkuchen sein? Das Rezept ist eine Glaubensfrage. Drei Tortenbäcker verraten, wie sie es am liebsten mögen.

Zugegeben, der klassische Ernährungsplan für hart arbeitende Erntehelfer sieht anders aus. „Deshalb muss der Kuchen auch schön gehaltvoll sein“, sagt der Gleidinger Erdbeeranbauer Hartmut Meyer, der seinen rund 150 Pflückern mit Blechkuchen eine Freude machen will. Jetzt, in der Hauptsaison, arbeiten seine Leute in der Nähe von Hannover beinahe rund um die Uhr und sammeln die Früchte von seinen Feldern ein. Das müsse man auch mal honorieren, meint der Landwirt. Und was läge da näher, als den fleißigen Helfern einen saftigen Erdbeerkuchen zu servieren.

Was auf den klassischen Biskuitboden kommt, liegt auf der Hand: „Erdbeeren satt“, sagt Meyer. Auf den Kuchenteig kommt erst fester Vanillepudding, auf den wiederum die frisch geernteten Früchte gebettet werden. Dann noch ein wenig Tortenguss und eine ordentliche Portion Schlagsahne – fertig ist der Verwöhnkuchen. „Genauso, wie ihn schon meine Großmutter gemacht hat“, schwärmt der Erbeeranbauer.

Torten mit prägnanter Früchtekuppel

Doch Meyers Arbeiter können sich an diesem Sonnabend nur eine kurze Pause gönnen. Es ist Haupterntezeit. Und Hannovers Obstverkäufer brauchen ständig Nachschub für die nimmersatte Nachfrage der zahlreichen Erdbeerliebhaber in der Region. Und auch in den Vitrinen der Bäckereien und Konditoreien in der Stadt dominiert zurzeit alles, was sich aus den süßen Früchten so machen lässt. „Erdbeerkuchen ist in der Saison von Ende Mai bis Mitte Juli der Verkaufsschlager bei uns“, sagt Alena Pönitz, Chefin in der Mövenpick-Konditorei am Kröpcke in Hannovers Innenstadt. Jeden Tag backt sie deshalb etwa 14 ihrer bekannten Torten mit der prägnanten Früchtekuppel – und obendrein noch vier große Blechkuchen.

Die gehaltvolle Variante des Erdbeerkuchens, so wie Meyer ihn seinen Pflückern serviert hat, gibt es in Pönitz’ Backstube aber nicht. „Die Leute bevorzugen unsere Torten heutzutage hüftverträglicher“, sagt die 31-Jährige. Doch ganz verzichten will die Konditorin auf eine cremige Masse nicht. Nachdem der Unterboden aus Mürbeteig mithilfe von Erbeermarmelade mit dem luftigen Biskuit in einer Kuchenform zusammengefügt wurde, bestreicht Pönitz den Teig mit einer dünnen Schicht aus mit Schlagsahne vermengtem Vanillepudding. „Das brauche ich, damit der Belag hält“, erklärt die Konditorin und streut noch etwas Sahnesteifpulver auf die glattgestrichene Creme – das verhindert, dass der Erdbeersaft gleich durchsickert und der Kuchen matschig wird. Zum Schluss türmt sie behutsam die festen und ganzen Erdbeeren auf dem Kuchen auf. „Die Früchte sind von einem Lieferanten aus der Region“, betont Pönitz. Für die Konditorin ein Muss, wenn der Kuchen am Ende ein Genuss sein soll. Sie würde nie auf die Idee kommen, im März mit überteuerten, weit gereisten Beeren aus Südeuropa einen Kuchen zu backen.

Zum Schluss das Make-up

„Schließlich kommt noch das „Make- up“, wie Pönitz den Tortenguss nennt. Sie gießt die dickflüssige Masse über die Spitze der Früchtekuppel, bis sie leicht am Rand herausläuft. Mit einem Pinsel werden die restlichen Erdbeeren noch bestrichen und die Kuchenseiten mit gehackten Mandeln verziert.

Im Prinzip sei das Grundrezept eines klassischen Erdbeerkuchens überall gleich, sagt Kuchenbäcker Karsten Peters vom Lindener Café Mönikes. Auch der 47-Jährige benutzt eine Mischung aus Mürbeteig und Biskuit als Grundlage. Nur trennt Peters die Schichten mit einer ganz dünnen Schokoladenschicht. „Dann suppt die Flüssigkeit nicht durch“, erklärt er pragmatisch. Auf Pudding oder Sahne verzichtet der selbst ernannte Tortenkönig, der in seiner Backstube ansonsten selten an Kalorienträchtigem spart, aber ganz. „Wenn man gute Erdbeeren aus der Region hat, die geschmackvoll, reif und trotzdem fest sind,reicht das vollkommen aus“, sagt Peters. Auch von zu viel Guss oder gar aromatisierter Geliermasse hält er wenig. „Ein guter Erdbeerkuchen muss nach Erdbeeren schmecken.“

Das sieht natürlich auch Meyer so. Und weil der Erdbeeranbauer als Fachmann weiß, welche Sorte die Bäcker und Konditoren in der Region zum Kuchenbacken bevorzugen, hat er seinen Teig mit selbiger belegt. „Sonata heißt die perfekte Beere.“ Sie sei rot-fruchtig, nicht zu weich und habe einen hohen Süßegrad. Da könne gar nicht mehr viel schief gehen, meint Meyer, der auch privat für sein Leben gerne Erdbeerkuchen isst und die Früchte liebt – auch wenn er sie in den Monaten der Hauptsaison fast 24 Stunden vor Augen hat. „Wenn im Spätsommer die letzte Erdbeere auf meinen Feldern blüht, bin ich es, der sich danach bückt und sie leidenschaftlich verspeist.“

Stephan Fuhrer (2009), Foto: Mika Abey /pixelio.de